Mehr Bewusstsein für Morbus Gaucher

Morbus Gaucher zählt zu jenen Erkrankungen, von denen Menschen vor ihrer Diagnose vermutlich noch nichts gehört haben, oder?

Wir kennen in unserer PatientInnengruppe Personen, die bereits in ihrer Kindheit diagnostiziert wurden und Personen, die erst mit 40 Jahren die Diagnose Morbus Gaucher erhalten haben. Die Erkrankung tritt ja je nach Verlauf eben früher oder erst später zum Vorschein. Viele Betroffene haben deshalb bis dahin noch nie davon gehört und auch ÄrztInnen denken aufgrund der Seltenheit der Krankheit nicht immer sofort an Morbus Gaucher.

■ Welche Therapie möglichkeiten gibt es?
Einige PatientInnen kennen noch die Zeit, als es noch keine Therapien gab. Das erste zugelassene Medikament existiert in Österreich seit zirka 1998. Wenn man heute mit Morbus Gaucher diagnostiziert wird, gibt es aktuell zwei wirksame Enzymersatztherapieformen, die in regelmäßigen Abständen mittlerweile unkompliziert verabreicht werden können, und eine orale Therapieform. Das heißt, die Erkrankung ist heute sehr gut behandelbar. Die Möglichkeit einer Heimtherapie sollte hier ebenfalls erwähnt werden. Trotzdem ist es wichtig, dass sich PatientInnen auch selbst verstärkt – etwa in PatientInnenorganisationen – engagieren.

■ Welche Vorteile hat dieses Engagement für Betroffene?
Einer der größten Vorteile liegt im Erfahrungsaustausch. Bei unseren Treffen sind auch Morbus-Gaucher-SpezialistInnen aus den Zentren in Wien, Salzburg, Graz und Innsbruck vor Ort. Hier können sich Betroffene aus erster Hand zum Beispiel über neue Therapieformen informieren. Und das ist natürlich sehr wichtig für Betroffene.

■ Bei Morbus Gaucher sind Betroffene ja oftmals zunächst symptomfrei. Ist der Diagnoseweg entsprechend lang?
Das Tückische an Morbus Gaucher ist, dass die Probleme nicht gleichzeitig auftreten. So können unter anderem Knochenkrisen – also sehr starke Knochenschmerzen – auftreten, weil das gesunde Knochenmark von den Gaucher-Zellen zerstört wird. Weitere Symptome sind Nasenbluten, Thrombozytopenie, eine vergrößerte Milz oder Leber und ständige Müdigkeit. Da aber diese Symptome nicht unbedingt gleichzeitig auftreten müssen, wird oftmals nicht gleich an Morbus Gaucher gedacht. Dabei wäre die Erkrankung durch einen Trockenbluttest sehr schnell feststellbar.

■ Gibt es daher auch eine hohe Dunkelziffer an Erkrankten bzw. wie könnte diese Situation verbessert werden?
Genau! Es müsste in Österreich eigentlich weit mehr PatientInnen geben.Denn Morbus Gaucher tritt mit einer Häufigkeit von 1:50.000 auf. In Österreich sind zirka 30 betroffene PatientInnen bekannt. Ein Großteil der von Morbus Gaucher Betroffenen lebt sozusagen „undiagnostiziert“ mit dieser Erkrankung. Es bräuchte mehr Bewusstsein für Morbus Gaucher in der Öffentlichkeit. Wir versuchen daher nicht nur mediale Präsenz zu zeigen, sondern uns auch international mit anderen Morbus-Gaucher-Organisationen dahingehend zu vernetzen.

■ Was möchten Sie als Obmann der Morbus-Gaucher-Gesellschaft Betroffenen, aber auch Angehörigen, mitgeben?
Wenn Menschen an uns herantreten, die glauben, an Morbus Gaucher zu leiden, stellen wir gern die Kontakte zu SpezialistInnen her. Für Anfragen und Informationen zu Therapiemöglichkeiten und was den Alltag mit Morbus Gaucher betrifft, sind wir natürlich jederzeit über unsere Website www.morbus-gaucher-oegg.at erreichbar. Unsere Mitglieder halten auch Vorträge in Spitälern und bei den SpezialistInnen vor Ort. Wir feiern dieses Jahr im Übrigen unser 20-jähriges Bestehen beim nächsten PatientInenntreffen in Salzburg (25.9. + 26.9.2021) und würden uns auch über eine rege Teilnahme freuen.■

Interview mit Roman Pichler, Obmann der Österreichischen Gesellschaft für Gauchererkrankungen.
Von: Magdalena Reiter-Reitbauer

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